Bibliotheken
In den Jahren 2019 und 2020 erfolgte meine erste fotografische Befassung mit der dokumentarischen Darstellung von Bibliotheken in Österreich. Es entstand eine - für mich richtungsweisende - Bildserie über den Lesesaal des Museums für Angewandte Kunst Wien, die Bibliothek des Museums für Moderne Kunst Stiftung Ludwig Wien, die Stiftsbibliotheken Lilienfeld, Kremsmünster und Admont, die Wienbibliothek im Rathaus, die Niederösterreichische Landesbibliothek, die Österreichische Nationalbibliothek und die Universitätsbibliothek Krems. 
Seit 2023 setze ich die Arbeit fort, wobei bislang eine Bildserie in der Steiermärkischen Landesbibliothek entstand.
Voraussetzungen
Mein wahrhaftiges Interesse am Thema hat seine Wurzeln in der Zeit meines Studiums, welches ich zum größten Teil in der Bibliothek der Technischen Universität Wien, dem Lesesaal des Museums für Angewandte Kunst Wien und dem Lesesaal der Medizinischen Universität Wien verbrachte. Als Orte der Freiheit und des Friedens nahm ich sie wahr, denn Bibliotheken dienen der menschlichen Begegnung, dem Wissenserwerb und dem Austausch. Sie sind für alle geöffnet, unabhängig von Vermögen, Herkunft oder sozialem Status. Wer sich in einer dieser Oasen der Ruhe dem eigenen Wissenserwerb widmet, vollzieht einen Akt der Freiheit. Wer einander in einer Bibliothek zum Austausch begegnet, handelt friedlich. 
Als untersuchenswert empfinde ich einerseits den Wandel der Bibliothek im Laufe der Zeit. Sehr eindrucksvoll offenbaren sich die barocken Stiftsbibliotheken als Prunkräume geistigen Kapitals, und sie lassen erahnen, wie sich Wissen, Geist und Macht an diesen Orten einst konzentrierten. Heute bestaunen wir sie als Museumsbibliotheken, während uns andere Bibliotheken nach wie vor im alltäglichen Gebrauch zur Wissensarchivierung und -vermittlung dienen. Der Bücherspeicher der Österreichischen Nationalbibliothek überwältigt die Besucher:in ob seiner überdimensionalen Ausmaße. Zugleich drängt sich die Überlegung auf, ob man das gesamte dort gesammelte Wissen in digitaler Form wohl auf zwei oder drei Festplatten unterbrächte. 
Anderseits sind Bibliotheken formal-fotografisch interessant. Während die Symmetrie eines barocken Bibliothekssaals durch ihre Stringenz beeindruckt, erfreut der Lesesaal des Museums für Angewandte Kunst in Wien durch Reduktion und Klarheit. Unzählige sich wiederholende Strukturen, vielseitige formale und inhaltliche Kontraste und die Spuren zeitlicher Entwicklung, welche sich im einen oder anderen Lesesaal finden, stellen ein großes fotografisches Potenzial dar.
Ästhetik
Bei den entstandenen Bildern über Bibliotheken handelt es sich um Schwarz-Weiß-Fotografien. Sie sind prädestiniert dafür, einen Sachverhalt möglichst objektiv darzustellen. Durch die Entsättigung erfolgt eine Abstraktion, welche den Eindruck erweckt, dass die Bilder aus einer gewissen Distanz entstanden. Andererseits ermöglicht die Abwesenheit von Farbe der Betrachter:in, sich auf abgebildete Formen und Strukturen zu konzentrieren. 
Die Bilder verzichten auf die Darstellung von Personen, um den Fokus des Betrachters auf die abgebildeten Bibliotheken zu lenken. Dabei ist mein Ziel, in den Fotografien eine "abwesende Anwesenheit" zu schaffen, bei welcher sich die Existenz von Menschen in den Bildern zumeist erahnen lässt. 
Sämtliche Fotos entstanden mit dem Anspruch hoher Präzision. Dabei achtete ich auf die Vermeidung etwaiger perspektivischer Verzerrungen und auf durchgängige Bildschärfe. Auf eine Abbildung extremer Lichtverhältnisse und irritierender Schatten habe ich verzichtet, um die jeweiligen Bibliotheken klar und unverfälscht darzustellen. 
Objektivität und dokumentarischer Anspruch
Durch eine möglichst normierte Aufnahmeweise ist es mein Ziel, ein Höchstmaß an Objektivität sicherzustellen. Es handelt sich zumeist um Frontalansichten in Zentralperspektive, welche einen Vergleich der Bibliotheken zueinander ermöglichen. Gleichartige Abbildungen von Lesesälen, Bücherregalen und Arbeitsplätzen legen einen Vergleich durch die Betrachter:in nahe.
Auf Retusche im Sinne von inhaltlicher Reduktion oder Ergänzung habe ich strikt verzichtet. Wenngleich eine Minimalretusche zur Entfernung kleinerer störender Elemente wie Sensorflecken sehr wohl stattfand, wurde bewusst davon abgesehen, vermeintliche Unzulänglichkeiten baulicher Natur, wie beispielsweise sichtbare Mauerkorrekturen im Bild "Universitätsbibliothek Wien I", zu beseitigen. Die abgebildeten Räume bzw. Objekte sollen so darstellt werden, wie sie tatsächlich sind. 
Mit dieser Arbeit möchte ich dokumentieren, nicht werten. Die Bibliotheken erzählen ihre Geschichten von selbst und jegliche Interpretation durch meine Person möchte ich vermeiden. Aus diesem Grund sind auch die Bildtitel jeweils auf den Namen der Bibliothek und eine laufende Katalognummer reduziert. 
Die erste entstandene Serie aus 30 Bildern wurde im Rahmen der Einzelausstellung "Bibliotheken" Jahr 2020 in der Galerie LIK 17 (Wien) gezeigt. Die Bilder "Museum für angewandte Kunst Wien I" und "Museum für angewandte Kunst Wien II" wurden in die Kunstblättersammlung des MAK Wien übernommen.
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